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Materialforschung

Dritte Holzart entdeckt

Das Holz der Tulpenbäume bildet eine eigene Kategorie zwischen Hart- und Weichholz

Ultrastruktur Tulpenbaum
Die Ultrastruktur von Tulpenbäumen liegt zwischen der von Hart- und Weichhölzern. © Jan J Lyczakowski and Raymond Wightman

Neues Holz: Biologen haben eine dritte Holzart neben Hart- und Weichholz entdeckt. Das Holz von Tulpenbäumen liegt demnach strukturell genau zwischen diesen beiden altbekannten Kategorien. Erkennbar ist dies an der Größe und Form mikroskopisch kleiner Fasern im Holz dieser Bäume. Sie machen es zu einem „Mittelholz“ und damit zu einer neuen, möglicherweise nur bei Tulpenbäumen vorkommenden Kategorie. Die einzigartige Struktur ihres Holzes verleiht dieser Baumart auch eine ganz besondere Fähigkeit, wie das Team berichtet.

Holz ist nicht gleich Holz. Das Holz jedes Baumes hat andere Eigenschaften, ist also zum Beispiel anders gefärbt oder schwerer beziehungsweise leichter. Ganz grob kann man Holz in die Kategorien Hartholz und Weichholz unterteilen. Ersteres stammt meist von Laubbäumen wie Eichen oder Buchen und gilt als besonders robust und langlebig, weshalb es bevorzugt im Außenbereich eingesetzt wird. Weichholz ist im Vergleich deutlich leichter und formbarer und daher vor allem im Möbelbau beliebt. Es stammt meist von Nadelbäumen wie Kiefern und Tannen.

Die Ultrastruktur macht den Unterschied

Die Unterschiede zwischen den Holzkategorien entstehen durch abweichende Ultrastrukturen – die mikroskopische Architektur des Holzes. Die kleinsten Bausteine des Holzes sind dabei die gerade einmal drei bis vier Nanometer großen Mikrofibrillen, die sich wiederum zu zehn bis 40 Nanometer dicken Makrofibrillen zusammenschließen. Unter dem Kryo-Rasterelektronenmikroskop sind sie als lange, geschichtete Fasern erkennbar.

Jan Łyczakowski von der Universität Krakau und Raymond Wightman von der Cambridge University haben nun erstmals untersucht, wie genau sich die Ultrastruktur von Weich- und Harthölzern unterscheidet. Dafür analysierten sie 33 verschiedene Baumproben aus dem Botanischen Garten in Cambridge und vermaßen deren Makrofibrillen, um so Muster im Aufbau verwandter Hölzer zu entdecken.

Makrofibrillen
Verschiedene Baumarten und ihre Makrofibrillen © Jan J Lyczakowski and Raymond Wightman

Eine dritte Holzart

Das Ergebnis: Die Makrofibrillen von Weichhölzern wie der Waldkiefer waren mit durchschnittlich 27,9 Nanometer Durchmesser deutlich größer als die nur rund 16,6 Nanometer dicken Makrofibrillen von Harthölzern wie der Stieleiche, wie Łyczakowski und Wightman berichten. Diese Unterschiede erklären die höhere Dichte und Stabilität von Hartholz und sind für die verschiedenen Eigenschaften beider Holztypen verantwortlich.

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Doch es gab auch eine Baumgattung, die zur Überraschung der Forscher nicht ins Bild passte: Tulpenbäume (Liriodendron). Sowohl der Tulpenbaum selbst (Liriodendron tulipifera) als auch der Chinesische Tulpenbaum (Liriodendron chinense) besitzen mit durchschnittlich 22,4 beziehungsweise 20,7 Nanometern Dicke deutlich größere Makrofibrillen als ihre Laubbaumverwandten und viel kleinere als Nadelhölzer, wie die Analyse ergab.

Łyczakowski und Wightman schließen daraus, dass es sich bei Tulpenbäumen um eine bislang unbekannte dritte Holzart handeln muss, die strukturell zwischen Hart- und Weichhölzern liegt. Dieses „Mittelholz“, wie die Biologen es vorläufig getauft haben, scheint dabei so einzigartig zu sein, dass es nicht einmal bei anderen Magnoliengewächsen – engen Verwandten der Tulpenbäume – vorkommt, wie weitere Untersuchungen gezeigt haben.

Tulpenbaum
Ein Tulpenbaum im Botanischen Garten der Cambridge University © Kathy Grube

Tulpenbäume als CO2-Speicher

Doch warum haben ausgerechnet die Tulpenbäume eine solche Sonderform entwickelt? Das könnte mit den besonderen Fähigkeiten ihrer Makrofibrillen zusammenhängen, wie Łyczakowski erklärt: „Beide Tulpenbaumarten sind dafür bekannt, dass sie Kohlenstoff außerordentlich effizient einlagern, und ihre vergrößerte Makrofibrillenstruktur könnte eine Anpassung sein, die es ihnen ermöglicht, größere Mengen an Kohlenstoff aufzunehmen und zu speichern, wenn die Verfügbarkeit von atmosphärischem Kohlenstoff reduziert wird.“

Genau diese Fähigkeit war wahrscheinlich auch schon kurz nach der Entstehung der Tulpenbäume vor 30 bis 50 Millionen Jahren nützlich, als der CO2-Gehalt in der Atmosphäre von 1.000 auf 500 ppm fiel. Heute könnte das „Speicherholz“ der Tulpenbäume wiederum im Kampf gegen den Klimawandel helfen, etwa indem der schnell wachsende, bis zu 30 Meter hohe Baum großflächig statt nur als Zierbaum angebaut wird. In einigen ostasiatischen Ländern ist dies sogar schon üblich, wie die Forscher berichten. (New Phytologist, 2024; doi: 10.1111/nph.19983

Quelle: University of Cambridge

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